Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten können Pflichtteilsergänzungsansprüche der sogenannten Pflichtteilsberechtigten, nämlich bestimmter naher Angehöriger (insbesondere Kinder, Ehegatten), auslösen.
Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen mit dem Erbfall und richten sich grundsätzlich gegen den Erben. Grundsätzlich werden alle Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn vor dem Erbfall berücksichtigt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) machte dazu bisher zur Voraussetzung, dass die Stellung als Pflichtteilsberechtiger (z.B. als Ehegatte des Erblassers) nicht nur im Erbfall, sondern bereits im Zeitpunkt der Schenkung bestand.
Der BGH hat mit einem am 23.05.2012 (Az. IV ZR 250/11) ergangenen Urteil nunmehr auf dieses Erfordernis verzichtet. Es ist demnach für den Pflichtteilsergänzungsanspruch ausreichend, dass die Pflichtteilsberechtigung zum Zeitpunkt des Erbfalls bestand. Diese Änderung der Rechtsprechung ist praktisch relevant für diejenigen Fälle, in denen der Erblasser nach der Schenkung (wieder) heiratet oder Kinder bekommt. Der Ehegatte und die Kinder partizipieren über ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch dann ggf. an der Schenkung an den Dritten. Damit wird der Kreis der potentiellen Inhaber von Pflichtteilsergänzungsansprüchen erweitert. Dies ist bei der Unternehmensnachfolge, z.B. bei der Frage, von welchen Personen ggf. Pflichtteilsverzichte einzuholen sind, künftig zu berücksichtigen.