Will ein Alleinerbe als Eigentümer des im Nachlass befindlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen werden, kann das Grundbuchamt grundsätzlich die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Das Grundbuchamt kann von diesem Erfordernis aber absehen, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde (insb. einem notariellen Testament) niedergelegt ist; in diesem Fall kann das Grundbuchamt die Vorlage dieser Verfügung und der Niederschrift über ihre Eröffnung ausreichen lassen. Anders wiederum verhält es sich, wenn das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden für nicht erwiesen erachtet, z.B. weil es Zweifel an der Testierfähigkeit des Verstorbenen hat.
Zum Sachverhalt:
In einem kürzlich vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Beschluss v. 20.07.2018 – I-3 Wx 259/17) entschiedenen Fall war für die später Verstorbene (Erblasserin) die Einleitung des Betreuungsverfahrens durch einen Facharztes für Neurologie und Nervenheilkunde angeregt worden. Dieser war aufgrund seiner fachlichen Einschätzung der Ansicht, die Erblasserin sei wegen des Verdachts auf eine Demenz vom Alzheimertyp nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten in allen Bereichen selbständig und eigenverantwortlich zu regeln. Das Betreuungsgericht holte daraufhin ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 16.07.2007 zu dem Schluss, dass die Erblasserin sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit, der seiner Natur nach nicht nur ein vorübergehender sei, befinde. Er befürwortete die Anordnung einer Betreuung u.a. für den Bereich der Vermögenssorge, welche mit Beschluss vom 27.11.2009 sodann erfolgte.
Die Erblasserin errichtete am 15.07.2013 ein notarielles Testament, in welchem sie den nachmaligen Antragsteller im o.g. Grundbuchverfahren zum Alleinerben einsetzte.
Dem Grundbuchamt lag die Betreuungsakte vor. Es bestand im Rahmen einer Zwischenverfügung auf der Vorlage eines Erbscheins, da sich aus der Betreuungsakte erhebliche Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin ergeben würden.
Der Antragsteller focht diese Zwischenverfügung an, hatte damit aber keinen Erfolg.
Die Entscheidung des Gerichts: Durchführung eines Erbscheinsverfahrens ist erforderlich
Auch das Beschwerdegericht, das OLG Düsseldorf, folgte nicht der Auffassung des Antragstellers. Die Argumentation des Gerichts lautet wie folgt:
Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin sind aufgrund fachkundiger Einschätzungen berechtigt
Das Grundbuchamt habe zurecht beachtliche Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testaments angemeldet. Das Grundbuchamt habe sich auf die beiden fachkundigen Einschätzungen (des Arztes, der das Betreuungsverfahren initiierte, und des vom Betreuungsgericht bestellten Sachverständigen) stützen dürfen. Diese seien geeignet, eine Testierunfähigkeit der Erblasser zu dem wesentlich späteren Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu belegen.
Unerheblich sei, ob diese Einschätzungen bereits damals explizit die Frage der Testierunfähigkeit beträfen, denn jedenfalls hätten diese Feststellungen für die nunmehr zu entscheidende Frage Bedeutung.
Angesichts der seinerzeitigen Demenz sei tendenziell mit einer Verschlechterung dieses Zustands zu rechnen.
Bei einer Demenz, wie sie im vorliegenden Fall diagnostiziert worden sei, sei nicht mit einer Verbesserung des geistigen Zustandes zu rechnen, sondern eher mit einem weiteren Fortschreiten der kognitiven Defizite.
Für eine Fortdauer dieses Befundes spreche es auch, dass im weiteren Betreuungsverfahren von Anhörungen der Erblasserin abgesehen wurde mit Rücksicht darauf, dass diese „mit Sicherheit zum Ausdrucks ihres Willens nicht in der Lage“ sei.
Feststellung der Testierfähigkeit durch den Notar ist nur ein – letztlich unmaßgebliches – Indiz
Nicht ausreichend entkräftet würden die danach bestehenden erheblichen Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin durch die in dem notariellen Testament vom 15. Juli 2013 niedergelegte Feststellung der Überzeugung des Notars, die Erblasserin sei zum damaligen Zeitpunkt testierfähig gewesen. Diese Feststellung beruhe auf § 28 BeurkG und bringe lediglich die persönliche Überzeugung des Notars auf der Grundlage des mit der Erblasserin geführten Gesprächs zum Ausdruck. Die Überzeugungsbildung habe zwar durchaus gewichtige und indizielle Bedeutung im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung zur Frage der Testierfähigkeit eines Erblassers. Irgendeine Bindungswirkung für ein späteres gerichtliches Verfahren, sei es ein Nachlassverfahren oder ein grundbuchrechtliches Eintragungsverfahren, ist mit dieser Feststellung nicht verbunden und auch aus der gesetzlichen Vorschrift des § 28 BeurkG, einer Soll-Vorschrift, nicht herzuleiten.
Fazit:
Wer in einem notariellen Testament als Erbe eingesetzt worden ist, sollte sich nicht darauf verlassen, dass die Feststellung der Testierfähigkeit durch den Notar „der Weisheit letzter Schluss“ ist.
Wenn noch hinzukommt, dass vor der Testamentserrichtung ein Betreuungsverfahren für den Urheber des Testaments für den Bereich „Vermögenssorge“ durchgeführt worden ist und in diesem Verfahren sich Anhaltspunkte (z.B. gerichtlich eingeholtes Gutachten) für eine Testierunfähigkeit finden, sollte man sich gut überlegen, ob dennoch ein eventuell kostenträchtiges Erbscheinsverfahren durchzuführen ist.